
Viele Eltern glauben, dass Vorlesen vor allem für Kleinkinder wichtig ist – sobald das eigene Kind lesen lernt, rückt es oft in den Hintergrund. Doch gerade in der Grundschulzeit bleibt Vorlesen enorm wichtig und wertvoll!
Hier sind 5 gute Gründe, warum ihr unbedingt weitermachen solltet:
1. Ein großer Wortschatz öffnet Türen im Leben und in der Schule
Sprache ist der Schlüssel zur Welt. Je mehr Wörter ein Kind kennt, desto besser kann es sich ausdrücken, Texte und Aufgabenstellungen verstehen und seine Gedanken formulieren. Den Kindern begegnen beim Vorlesen Wörter und Satzstrukturen, die sie im Alltag oft nicht hören.
Stellt euch vor, ihr lest gemeinsam ein Buch über ein mutiges Abenteuer oder eine fantasievolle Reise in ferne Welten – plötzlich tauchen Begriffe auf wie „Amulett“, „konfus“ oder „rumoren“. Vielleicht fragt euer Kind: „Was heißt das? Was ist das?“ So erweitert sich sein Wortschatz ganz nebenbei und es lernt, sich differenzierter auszudrücken.
Davon profitiert es nicht nur beim Lesen, sondern auch beim Schreiben und Sprechen. Das ist ein echter Vorteil im Leben und in der Schule.
2. Lesenlernen ist anstrengend – ihr seid die wichtigste Unterstützung!
Viele Kinder haben anfangs Schwierigkeiten, wenn sie selbst lesen. Sie stolpern über Buchstaben und Wörter oder verlieren den Sinn eines Satzes aus den Augen. Vielleicht könnt ihr euch noch erinnern, wie anstrengend das für euch selbst war. Lesenlernen ist mühsam und kann frustrieren. Es braucht Geduld und Zeit, bis Kinder flüssig lesen können.
Wenn ihr vorlest, seid ihr auf diesem Weg eine wichtige und vielfach unterschätzte Unterstützung. Denn wenn ihr vorlest, hört euer Kind, wie Sprache klingt, wie man betont, wo Pausen gemacht werden – und es bekommt ein Gespür dafür, wie Texte lebendig werden.
Wenn ihr weiterhin vorlest, könnt ihr ganz ohne Druck die Lust am Lesenlernen erhalten bzw. steigern. Und je mehr euer Kind euch zuhört, desto besser versteht es den Rhythmus der Sprache und entwickelt schneller und einfacher Freude am Lesen.
Lesenlernen ist anstrengend
3. Vorlesen erhält die Freude an Geschichten
Gerade weil das Lesenlernen ein steiniger Weg ist, kann es passieren, dass Kinder das Medium Buch als etwas Abschreckendes empfinden. Bücher bedeuten Arbeit, wenn das Lesen noch keinen Spaß macht. Doch in Büchern findet ihr Geschichten. Und ich habe noch kein Kind kennenglernt, das keine Freude an Geschichten hat.
Wenn ihr eurem Kind regelmäßig vorlest, bleibt die Begeisterung für Geschichten erhalten. Lesen und Bücher als Medium bleiben etwas Positives. Euer Kind erfährt weiterhin, wie spannend, lustig oder emotional Bücher sein können, ohne sich durch jede schwierige Passage selbst kämpfen zu müssen.
Und oft passiert dann etwas Wunderbares: Plötzlich kann dein Kind selbst so gut lesen, dass es die Handlung genießen kann. Plötzlich macht es Spaß, selbstständig in Geschichten einzutauchen und gemeinsam mit den Buchhelden die aufregendsten Abenteuer zu erleben. Mithilfe eurer Unterstützung schafft euer Kind dieses Ziel schneller und leichter!
4. Geschichten erweitern den Horizont – und fördern Empathie
Bücher öffnen Türen zu anderen Welten. Sie lassen Kinder in ferne Länder reisen, in andere Zeiten eintauchen oder das Leben aus einer völlig neuen Perspektive sehen. Das ist nicht nur spannend, sondern hilft ihnen auch, sich in andere Menschen oder Lebewesen hineinzuversetzen.
Wenn ihr mit eurem Kind Geschichten über Freundschaft, Mut, Abenteuer oder auch schwierige Themen wie Verlust oder Mobbing lest, lernt es ganz nebenbei, sich in verschiedene Emotionen und Situationen hineinzufühlen. Das stärkt zum einen seine soziale Kompetenz und macht es einfühlsamer im Umgang mit anderen.
Zum anderen kommst du mit deinem Kind in einen wertvollen Austausch. Ihr erfahrt voneinander, wie ihr über verschiedene Themen und Situationen denkt. Das fördert gegenseitiges Verständnis und bietet die einmalige Möglichkeit zu erfahren, was dein Kind bewegt bzw. beschäftigt.
Lesen ist Familienzeit!
5. Vorlesen schafft Nähe und stärkt die Bindung
Euer Kind wächst, wird selbstständiger und hat immer mehr zu tun: Schule, Hausaufgaben, Freunde, Hobbys. Oft bleibt im Alltag wenig Zeit für gemeinsame Momente. Genau hier kann das Vorlesen eine wunderschöne Insel sein – eine Pause vom Trubel, in der ihr euch ganz aufeinander konzentriert.
Wenn ihr euch mit eurem Kind aufs Sofa kuschelt oder gemeinsam im Bett eine Geschichte lest, entsteht eine besondere Atmosphäre: Ihr taucht in die gleiche Welt ein, lacht über dieselben witzigen Szenen oder fiebert gemeinsam mit den Figuren mit. Diese Momente schaffen nicht nur schöne Erinnerungen, sondern geben eurem Kind das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit – ein unschätzbarer Wert in einer oft hektischen Welt.
Fazit: Nur 10 Minuten am Tag machen einen Unterschied
Vorlesen ist weit mehr als nur eine Beschäftigung für kleine Kinder. Es unterstützt das Lesenlernen, erweitert den Wortschatz und den Horizont, fördert das Sprachgefühl und die Empathie, stärkt die Bindung und sorgt dafür, dass euer Kind Bücher als etwas Positives erlebt.
Schon 10 Minuten am Tag machen einen großen Unterschied. Ich kann euch nur von Herzen dazu ermuntern, solange vorzulesen wie möglich – vielleicht werdet ihr selbst überrascht sein, wie sehr ihr diese gemeinsamen Momente genießt. Und wer weiß? Vielleicht sitzt ihr in ein paar Jahren mit einem Jugendbuch auf dem Sofa und lest gemeinsam weiter, einfach weil Lesen schön ist.
Bildquellen: Pexels (MART PRODUCTION, Magda Ehlers, Renya Sh), 18.02.2025